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60313 Frankfurt am Main
Kleine Hochstraße 5
Mo-Do: 18 bis 24 Uhr
Fr u. Sa: 18 bis 24 Uhr
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Sonntags und Feiertags geschlossen (außer bei Veranstaltungen)
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Demnächst im Club:
Do, 13.03., 19 Uhr
Lesung
Erich Kästner zum 50. Todesjahr: Zwischen Kinderbuchautor und Politsatiriker – ein Leben voller Widersprüche
Vortrag und Lesung von und mit Ursula Zierlinger und Hans-Jürgen Lenhart
Sa, 15.03., 18 Uhr
Philosophiegruppe Sokrates
Einladung zu einem Gespräch über die Frage "Materialismus oder Idealismus?"
So, 16.03., 19 Uhr
Antifaschistische Filmreihe
Die Frauen der Rosenstraße
BRD 2003, R: Margarethe von Trotta, 135 Min., Spielfilm
Montag, 17.03., 18:30 Uhr
Ausstellung 11 Jahre Hinsehen – 11 Jahre Fototeam Hessen
Corinna Vahrenkamp und Ralf Fröhlich stellen die Ausstellung „11 Jahre Hinsehen – 11 Jahre Fototeam Hessen“ sowie Geschichte und Arbeit des Vereins vor.
Samstag, 22.03., 18:30 Uhr
Disco / Party
Party im Club! #Mischungen!
Mixturas DJ-Set & Freestyle-Rapper (Spanisch & Deutsch)
So, 30.03., 19 Uhr
Antifaschistische Filmreihe
Les Jours Heureux – Die glücklichen Tage
Frankreich 2013, R.: Gilles Perret, 97 Min., Doku
Di, 01.04., 19 Uhr
Frauen-Diskussionsabend (Ladies only)
„Warum Frauen Berge besteigen sollen“
Filmabend mit Diskussion
Di, 01.04., 20 Uhr
TITANIC-Gerichtsshow
Die endgültige Satirelesung mit Gabriele Rittig und Jan Fortmeyer
Do, 10.04., 19 Uhr
Göpferts Gäste
Eine Wiedergeburt der politischen Linken?
Welche Kämpfe und Ziele jetzt wichtig sind: Der Soziologe Klaus Dörre im Gespräch
Antisemitismus heute.
Lesung von Peter Menne und Reiner Diederich aus „Der Müll, die Stadt und der Skandal“

Rainer Werner Fassbinders Drama „Der Müll, die Stadt und der Tod“ nahmen die beiden Referenten zum Anlaß, um über Antisemitismus heute zu sprechen. Darum drehte sich auch die Diskussion. „Projektion“ und "Ablenkung" waren dabei die entscheidenden Stichworte. Wie beides funktioniert, wurde auf drei Ebenen nachgezeichnet: Im Drama selbst, in dessen Rezeption und in seiner Vorgeschichte. Im Drama wird der Mechanismus mit den Mitteln des Theaters komprimiert dargestellt.

In der deutschen Rezeption von Fassbinders Stück wiederholte sich zum Teil diese Projektion, denn konservative Kritiker unterstellten gerne, dass Antikapitalisten eigentlich Antisemiten seien. Hitlerbiograph und FAZ-Herausgeber Joachim Fest behauptete gar, die linke Szene betrachte Antisemitismus als Mittel zur Weltrevolution.
Am Beispiel der Umstrukturierung des Frankfurter Westends vom Wohngebiet zum Bürostandort, die den zeitgeschichtlichen Hintergrund von Fassbinders Stück bildete, stellte Peter Menne dar, welchen Realitätsgehalt die Behauptung hatte, „jüdische Spekulanten“ hätten dabei die Hauptrolle gespielt. Das Stadtplanungsamt wollte Hochhäuser statt einer Renovierung von Gründerzeitbauten. Eine breite und disparate Investorenschar erfüllte die Wünsche des Planungsdezernenten Hans Kampffmeyer, von Ärzten und Anwälten über mittlere und höhere Beamte bis hin zu Pensionären. Die „Spekulanten“ geschimpften Immobiliendevelopper dominierten zwar die Schlußphase – doch besaßen sie gerade mal 15 % der Fläche. Über die mit 10 % der Fläche zweitgrößte Investorengruppe der Versicherungen sprach niemand: keine Angriffe gegen sie. Den Einzelkaufleuten hingegen wurde teils sogar eine Religionszugehörigkeit angedichtet: der muslimische Perser Ali Selmi wurde als Jude beschimpft.

Das Verhältnis von Antisemitismus und Kapitalkritik war Gegenstand des Beitrags von Reiner Diederich. Er bezog sich auf Max Horkheimer, der „in den 1930er Jahren gesagt hat, dass wer vom Faschismus reden wolle, vom Kapitalismus nicht schweigen dürfe. Analog ließe sich heute dazu sagen: wer über Antisemitismus und Fremdenhass reden will, darf über die realen Macht- und Abhängigkeitsverhältnise in Wirtschaft und Gesellschaft nicht schweigen“. Diederich zeigte auf, wie mit Hitlers angeblichem „nationalen Sozialismus“ Symbole der Arbeiterbewegung umfunktioniert wurden. Aber die „beinahe sozialistisch klingenden“ Forderungen des NS-Parteiprogramms wurden ausschließlich auf „jüdisches Kapital“ bezogen. Die Nazis verschleierten ökonomische Differenzen, indem sie behaupteten, es seien ethnische.
Diederich zitierte aus dem Interview, das er im letzten Jahr mit Michel Friedman geführt hat – vor dem Symposium der KunstGesellschaft zum 30. Jahrestag der Bühnenbesetzung im Frankfurter Schauspiel, mit der die Uraufführung von Fassbinders Stück verhindert wurde. Es ist in dem von ihm und Peter Menne herausgegebenen Buch (siehe unten) abgedruckt. Weiter referierte er die Position von Birgit Seemann aus ihrem Buchbeitrag. Sie kritisierte, dass es Fassbinder an Empathie für die Opfer der Shoa gefehlt habe. Anders als bei seinem Engagement für Randgruppen wie Prostituierte, Schwule oder Gastarbeiter fehle ihm Verständnis für die Position von Juden im Nachkriegsdeutschland.
Friedman stellte fest, dass antisemitische Positionen – in allen Schichten der Gesellschaft! – heute wieder ganz offen geäußert werden. Daneben stehen sehr sublime Formen, wie sie Diederich unter Bezug auf Armin Pfahl-Traughbers im Buch enthaltene vergleichende Übersicht aufzeigte: „Da Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland offiziell tabuiert ist und strafrechtlich verfolgt werden kann, bedienen sich Rechtspopulisten wie Jürgen Elsässer und die NPD vielerlei Anspielungen und Kodierungen“.
In der Diskussion wurde beklagt, dass es trotz 60 Jahren politischer Bildung nicht gelungen ist, antisemitische Stereotype und Ressentiments, die in der einen oder anderen Form bei über der Hälfte der deutschen Bevölkerung zu beobachten sind, entscheidend zurückzudrängen. Dass dies nötig bleibe, darüber waren sich alle einig – doch mit welchen politischen und pädagischen Maßnahmen es gelingen kann: da bleibt weitere Diskussion notwendig.
Oliver Kalldewey
Diederich, Reiner / Menne, Peter (Hrsg.):
Der Müll, die Stadt und der Skandal
Nomen-Verlag, 168 Seiten, 14,90 Euro
www.nomen-verlag.de
ISBN: 978-3-939816-26-3
Das Buch gibt es auch im Denkladen:
www.denkladen.de
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